Die häufigste Frage, die sich stellt, nachdem entschieden wurde, ob ein Teil oder eine Baugruppe auf Dichtheit geprüft werden soll, lautet: „Nach welcher Spezifikation soll geprüft werden?“ Zur Beantwortung dieser Frage bieten sich grundsätzlich drei methodische Ansätze an.
"Verwendung des tatsächlichen Prüfdrucks zur Festlegung von Dichtheitsprüf-Spezifikationen"
Ein erster und häufig praktikabler Ansatz besteht darin, sich an den in der jeweiligen Branche üblichen Prüfstandards zu orientieren, die sich an der Funktion des Produkts oder an seiner geplanten Einsatzumgebung ausrichten. Wenn ein Produkt beispielsweise wasserdicht sein soll (z. B. gemäß IP67 oder IP68 nach IEC 60529), kann davon ausgegangen werden, dass bereits validierte Testparameter ähnlicher, erfolgreich geprüfter Produkte einen geeigneten Ausgangspunkt darstellen.
In der Praxis werden wasserdichte Produkte in der Regel nicht mit Wasser, sondern mit Luft als Prüfmedium auf Dichtheit getestet. Dies hat mehrere Vorteile: Lufttests sind sauber, zerstörungsfrei, schnell und empfindlicher gegenüber kleinen Undichtigkeiten als Flüssigkeitstests. Da Luft eine etwa 50-fach geringere Viskosität als Wasser besitzt, kann sie durch feinere Mikroleckagen strömen, die für Wasser undurchlässig sind. Daher gilt: Ein Bauteil, das bei einem Luftlecktest unterhalb eines definierten Grenzwertes liegt, ist bei vergleichbaren Druckbedingungen auch gegenüber Wasser als dicht anzusehen.
Erfahrungswerte aus der Industrie zeigen, dass für typische Gehäuse- oder Steckverbindungen, die eine Wasserdichtigkeit nach IP67 erfüllen müssen, eine Leckrate von ≤ 4 sccm bei Prüfüberdruck (typisch 0,3–0,5 bar) als ausreichend dicht bewertet wird. Dieser Grenzwert basiert auf empirischen Korrelationen zwischen Luftleckraten und Flüssigkeitsleckverhalten, die in zahlreichen Validierungsstudien bestätigt wurden. Er ist allerdings nicht normativ festgelegt, sondern sollte stets anhand von Referenzprüfungen oder Musterteilen verifiziert werden.
Eine alternative Methode besteht darin, eine größere Stichprobe von Prüflingen zu testen und die Verteilung der gemessenen Leckraten auszuwerten. Dabei werden häufig Gruppen identifiziert, bei denen die Leckagewerte auffällig höher liegen. Die Hauptgruppe, die innerhalb des typischen Bereichs liegt, wird als „gut“ klassifiziert, während ein Grenzwert so festgelegt wird, dass fehlerhafte oder grenzwertige Teile ausgeschlossen werden. Diese Methode eignet sich besonders in frühen Entwicklungsphasen oder wenn keine etablierten Referenzwerte existieren.
Eine Variante ist der Unterwassertest, bei dem das aus dem Bauteil austretende Luftvolumen über die Zeit in einem Messgefäß gesammelt wird. Hierdurch kann die Gesamtleckrate direkt ermittelt und mit realen Feldbedingungen (z. B. Wassereintritt bei Druckbelastung) korreliert werden.
Der dritte Ansatz, der häufig ergänzend zur empirischen Methode verwendet wird, basiert auf der theoretischen Berechnung der relativen Leckraten von Prüfmedium (z. B. Luft) und Betriebsmedium (z. B. Wasser, Öl, Kältemittel). Dabei werden Parameter wie Viskosität, Dichte, Oberflächenspannung und Druckverhältnisse berücksichtigt, um aus der gemessenen Luftleckrate die entsprechende Flüssigkeitsleckrate abzuleiten und daraus eine zulässige Grenze zu definieren.
Ein Beispiel findet sich in der Kälte- und Klimabranche, wo Dichtheitsanforderungen häufig in Gramm Kältemittelverlust pro Jahr angegeben werden. Durch Umrechnung dieser Werte in Volumenleckraten (cc/s) lässt sich eine direkte Vergleichsbasis schaffen, die schnelle Prüfungen ermöglicht. So entspricht beispielsweise ein Verlust von 10 g Kältemittel pro Jahr etwa einer Leckrate von 1 × 10⁻⁶ cc/s.