Die Verwendung des tatsächlichen Prüfdrucks bei der Festlegung von Dichtheitsprüf-Spezifikationen ist entscheidend, um realistische, reproduzierbare und wirtschaftlich sinnvolle Ablehnungsgrenzen festzulegen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Dichtheitsprüfung sowohl technisch valide als auch prozesssicher ist.
Die korrekte Festlegung einer Leckrate anhand von Prüfspezifikationen – und nicht nach rein visueller Beurteilung – ist entscheidend für die Genauigkeit und Wiederholbarkeit der Dichtheitsprüfung.
Zur Verdeutlichung dieses Prinzips betrachten wir folgendes Beispiel:
Ein Prüfer testet über mehrere Stunden hinweg Serienteile auf Dichtheit. Nach Abschluss der Prüfungen sortiert er die „akzeptierten“ Teile in einen Behälter und die „abgelehnten“ Teile in einen anderen.
Die abgelehnten Teile werden anschließend in einem Wassertauchbecken auf Blasenbildung überprüft, um die Leckstelle visuell zu lokalisieren.
Während die meisten abgelehnten Teile im Wasser sichtbare Blasenströme aufweisen, zeigen einige keine erkennbaren Blasenbildungen.
Die Frage stellt sich:
Sind diese Teile tatsächlich undicht – oder wurde der Lecktester fehlerhaft kalibriert?
Teile, die in diese Kategorie fallen, werden häufig als „nicht auffindbar“ („can’t find“) bezeichnet.
Ein elektronischer Lecktester misst die kumulative Druckänderung in einem Prüfling über einen definierten Zeitraum und berechnet daraus die Leckrate.
Bei „nicht auffindbaren“ Teilen liegt oft mehrere kleinste Leckstellen vor, deren Porosität zu gering ist, um eine sichtbare Blasenbildung im Wasser zu verursachen.
Beispiel:
Eine einzelne Leckstelle mit 10 cc/min bei 10 psig wäre unter Wasser leicht erkennbar.
Treten jedoch 20 Leckstellen mit jeweils 0,5 cc/min auf, wäre keine Blasenbildung sichtbar – dennoch würde der Tester aufgrund des Gesamtdruckverlustes und seiner hohen Auflösung das Teil als „undicht“ einstufen.
Die Prüfspezifikationen sollten grundsätzlich einen Prüfdruck vorsehen, der dem Betriebsdruck des Bauteils im Einsatz entspricht (gilt für Prüfdrucke unter 200 psig).
In der Praxis kann dieser Druck aus technischen oder sicherheitsrelevanten Gründen reduziert werden – beispielsweise durch:
BEISPIEL: Eine Prüfspezifikation sieht einen Prüfdruck von 20 psig vor und die maximal zulässige Luftleckrate beträgt 20 cc/min.
Muss nun der Prüfdruck aus berechtigten Gründen auf 10 psig reduziert werden (z. B. wegen großer Dichtflächen oder hoher Klemmkräfte), muss auch die zulässige Leckrate proportional angepasst werden – in diesem Fall auf etwa 10 cc/min.
Diese Anpassung erfolgt linear in Abhängigkeit vom Überdruck bei Testdrücken bis etwa 100 psig. Bei höheren Drücken ist die Abhängigkeit nicht mehr linear, und die Leckraten müssen empirisch überprüft werden.
Zur Validierung sollte die Leckage bei unterschiedlichen Testdrücken gemessen werden. Die ermittelten Werte müssen innerhalb der spezifizierten Toleranzen liegen.
Die Praxistauglichkeit einer Spezifikation lässt sich nur durch Versuche mit realen Prüflingen aus der Serienfertigung überprüfen, deren Luftleckrate zuvor gemessen wurde.
Durch Tests unter Betriebsbedingungen wird ermittelt, ab welcher Leckrate die Funktion des Bauteils beeinträchtigt ist, z. B. durch:
Dabei ist zu beachten, dass es einen kritischen Punkt gibt, an dem Luft entweicht, Flüssigkeit jedoch nicht – dieser Unterschied muss in der Bewertung berücksichtigt werden.
Die maximal zulässige Luftleckrate variiert je nach Werkstoff:
| Werkstoff | Charakteristik | Typische Leckageeigenschaften |
| Aluminiumguss | Porös, mehrwegige Leckpfade | Höhere zulässige Leckrate |
| Gusseisen | Dichteres Gefüge | Geringere zulässige Leckrate |
| Kunststoffe | Abhängig von Dichte und Verarbeitung | Variabel, materialabhängig |
Beispielsweise weisen Druckguss-Aluminium, verlorene Schaumguss-Aluminiumteile und Gusseisen jeweils unterschiedliche Leckverhalten auf.
Daher ist es erforderlich, materialspezifische Prüfgrenzen festzulegen.
Mit neuen Bauteilen und Materialien ist eine Überprüfung und Anpassung bestehender Spezifikationen häufig sinnvoll.
Gleichzeitig sollten jedoch die historischen Prüfvorgaben beachtet werden, insbesondere bei automatisierten Prüfprozessen.
Oft beruhen aktuelle Grenzwerte auf älteren Teilen – und diese wiederum auf noch älteren, teilweise nicht mehr relevanten Vorlagen.
Die Überarbeitung solcher Spezifikationen ist nicht unzulässig; in vielen Fällen sind alte Grenzwerte zu konservativ und führen zu unnötigen Ausschuss- oder Nacharbeitskosten.
Wenn in Spezifikationen der Begriff „kein Leck“ (No Leak) im Zusammenhang mit Luftleckage verwendet wird, ist dies technisch nicht korrekt und nicht realistisch.
Für Flüssigkeiten kann „kein Leck“ eine gültige Spezifikation sein, muss jedoch klar definiert werden, z. B. im Zusammenhang mit folgenden Prüfverfahren: